GOTHIC MODERN

Munch, Beckmann, Kollwitz

Ab 19. September 2025

ALBERTINA, WIEN

In der großen Herbstausstellung der ALBERTINA trifft Moderne auf Gotik. Im Fokus stehen Meisterwerke vom Symbolismus bis Expressionismus, die durch die emotionale Ausdruckskraft mittelalterlicher Kunst inspiriert sind.

Die Moderne bedeutete vor allem einen radikalen Bruch mit der bis dahin dominierenden akademischen Tradition. Gleichzeitig richteten viele Kunstschaffende den Blick auf eine deutlich weiter zurückliegende Epoche: die Gotik. In der mittelalterlichen Kunst fanden sie Sujets, Motive und Ausdrucksformen, die ihrer eigenen Suche nach Wahrhaftigkeit näherkamen als die an den Akademien vermittelten Normen. In gotischen Werken sahen sie Vieles widergespiegelt, was sie im Innersten bewegte. Themen wie Liebe und Sexualität, Tod und Trauer, Glaube und Zweifel sowie die Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen Rollen und Identitäten waren bereits im Mittelalter präsent und blieben innerhalb der Kunst der Moderne von zentraler Bedeutung.

Gothic Modern zeigt wie der Rückgriff auf eine Kunst vor dem Beginn der akademischen Tradition eine kreative Neuausrichtung ermöglichte. Dabei werden Hauptwerke von Künstler:innen der Moderne zwischen 1875 und 1925 versammelt und in direkte Konfrontation mit ikonischen Gemälden, Grafiken und Skulpturen Alter Meister gestellt. In einer außergewöhnlichen Gegenüberstellung der Kunstepochen veranschaulicht Gothic Modern, dass die Moderne weniger einen fundamentalen Bruch mit der Vergangenheit markierte, sondern vielmehr die gezielte Bezugnahme auf die Kunst des Spätmittelalters eine wesentliche Rolle in ihrer Entwicklung spielte. Anders als in der sehnsüchtigen Rückwärtsgewandtheit der Romantik oder dem antiquarisch rekonstruierenden Blick des Historismus auf dieses Zeitalter – Perspektiven, die oft im Dienste einer politischen und nationalen Selbstvergewisserung erfolgten –, stand nun die eigentliche ästhetische Qualität der Kunst im Zentrum. Moderne Künstler:innen inspirierten sich an einer expressiven Bildsprache einer als roh und unverfälscht wahrgenommenen Kunst. Zunehmend strebten sie danach, Seelenzustände sichtbar zu machen und existenzielle Krisen künstlerisch zu verarbeiten. In zumeist religiösen Darstellungen fanden sie zutiefst menschliche Gefühle wie Liebe, Leid und Trauer in einer Art vorgeprägt, die ihnen als Anknüpfungspunkt für ihr eigenes Schaffen diente. Ebenso faszinierten traditionelle künstlerische Techniken wie Holzschnitt oder Buchkunst, die Schaffung von Glasfenstern oder Tapisserien, die nun wiederentdeckt und in die aktuelle Kunstproduktion integriert wurden.

    Bildergalerie – 18 Bilder

    Besonders in den deutschsprachigen und nordeuropäischen Ländern manifestierte sich die Rückbesinnung auf die Ästhetik der Gotik als Teil der zeitgenössischen Kunstanschauung. Als wichtiges Kunstzentrum der Moderne war auch Wien um 1900 ein bedeutender Schmelztiegel für diese innovativen künstlerischen Strömungen und ein wesentlicher Knotenpunkt in der transnationalen Vernetzung Kunstschaffender. So stellten etwa Akseli Gallen-Kallela, Käthe Kollwitz oder Edvard Munch in der Wiener Secession aus und traten in einen fruchtbaren Austausch mit der lokalen Kunstszene, während auch Max Beckmann oder Helen Schjerfbeck in Wien Inspiration suchten.

    Die großangelegte Themenausstellung beleuchtet anhand von rund 200 Werken eine Entwicklung in der Zeit von 1875 bis 1925, in der sich zahlreiche Kunstschaffende wie Paula Modersohn-Becker, Max Beckmann, Otto Dix, Vincent van Gogh, Gustav Klimt, Käthe Kollwitz, Edvard Munch, Egon Schiele oder Helen Schjerfbeck bewusst von der ausdrucksstarken Kunst eines Holbein, Dürer, Cranach oder Baldung Grien inspirieren ließen. Die Begegnung mit der mittelalterlichen Ästhetik rief große Gefühle hervor und eröffnete den Künstler:innen neue Wege, sich mit den grundlegenden Fragen des menschlichen Daseins auseinanderzusetzen.

    Gothic Modern ist vom 19. September 2025 bis 11. Jänner 2026 mit zahlreichen internationalen Leihgaben ergänzt um Werke aus den eigenen Beständen in der ALBERTINA zu sehen.

    Kurator der Ausstellung: Ralph Gleis
    Co-Kuratorin: Julia Zaunbauer
    Assistenzkuratorinnen: Lydia Eder, Nina Eisterer

    Diese Ausstellung entstand in Kooperation mit der Finnish National Gallery / Ateneum Art Museum, Helsinki und The National Museum of Art, Architecture and Design, Oslo. Sie resultiert aus einem internationalen Forschungsprojekt initiiert 2018 vom Ateneum Art Museum zusammen mit der dortigen Gastkuratorin Prof. Juliet Simpson (Coventry University).

    Begleitend zur Ausstellung erscheint im Hirmer Verlag ein umfassender Katalog mit 292 Seiten und zahlreichen Abbildungen sowie Beiträgen von Ralph Gleis, Stephan Kemperdick, Marja Lahelma, Juliet Simpson, Vibeke Waallann Hansen und Julia Zaunbauer.

    Die Ausstellung ist von 19. September 2025 bis 11. Jänner 2026 zu sehen.

      Ein Mann und eine Frau nackt an einen Baum gelehnt. Am Baum, zwischen den Personen windet sich eine schlangenartige Kreatur mit einem spitzen Hundekopf.
      Max Beckmann | Adam und Eva, 1917 | Staatliche Museen zu Berlin, Preußischer Kulturbesitz, Neue Nationalgalerie © Foto: bpk / Nationalgalerie, SMB / André van Linn
       
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